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Schrift

Von Schrift wird dann gesprochen, wenn eine zeichnerische Tätigkeit ausgeübt und dabei der Zweck einer Mitteilung angestrebt wird. Die Schrift darf hiebei nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss als Ausdrucksträger der jeweiligen Region und Zeitepoche verstanden werden. Für ihre Ausformung waren immer neben der Sprache, Religion, Gesellschaftsform und Moderichtung auch die Schreibwerkzeuge und Beschreibstoffe von ausschlaggebender Bedeutung. Dabei bestehen vor allem zwischen Schrift und Architektur engste Beziehungen.

Typografie
Grundformen
Quadrat (H), Kreis (O), Dreieck (A) - Optisches Ausgleichen
QuadratPunktDreieck                       Grundformen                      Ausgleichen

Optische Scheinwirkungen
Müller-Lyersche, Zöllnersche Täuschung  - Serifen
Linien Gewicht                       Serifen

Schriftschnitte
mager, halbfett, fett - schmal, normal, breit - kursiv
schnitt1     schnitt2    Kapitälchen    

Schriftgröße
typografisches Maßsystem (1 typografischer Punkt = 0,376 mm), Computer Maßsystem (1 Pica-Punkt = 0,351 mm)

MaßsystemSchriftgröße

Schriftgrade
6 pt (Nonpareille), 8 pt (Petit), 10 pt (Garmond), 12 pt (Cicero), 14 pt (Mittel), 18 pt, 24 pt (Doppelcicero), 36 pt (3 Cicero)
Schriftgrade

Auszeichnung - Formatierung
Auszeichnung     Formatierung

 

Schriftsysteme

Gegenstandsschrift
Erste und ursprünglichste Vorstufe zu eigentlichen Schrift, bei welcher Gegenstände verschiedenster Art zu Mitteilungszwecken oder Eigentumsbezeichnungen verwendet wurden:
- Kerbhölzer: in Holzscheite wurde die Anzahl geschuldeter Geldeinheiten eingekerbt und diese danach gespaltet, so dass sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner eine Hälfte an sich nehmen konnten. Durch Aneinanderpassen konnten so jederzeit die beiden richtig zueinander passenden Teile erkannt werden ("Etwas auf dem Kerbholz tragen").
Kerbholz, 30.000 v. Chr.  

- Botenstäbe: Übermittlung bestimmter Bedeutungsinhalte mittels eingekerbter Stäbe
- Knotenschnüre: die Quipus der Inkas, ein Geflecht von Schnüren, dessen Farben, Art und Anzahl der Knoten Mitteilungen ergaben.
- Muschelgürtel: Wampum der nordamerikanischen Indianer, der durch die unterschiedliche Zusammenfügung und Farbe von Muschelteilchen Botschaften transportierte.
- Gegenstandsbriefe: Aroko westafrikanischer Eingeborenenstämme, bei welchem die Art, Anzahl und Lage der aufgereihten Muscheln Mitteilungen in sich bargen.

Bilderschrift
Eine wesentliche Weiterentwicklung der Schrift ist die Bilderschrift, bei der Sachverhalte durch Bilder übermittelt werden, ohne dass dabei eine Verbindung zu den Lauten der gesprochenen Sprache besteht:
- Piktographie: ein Bild (Piktogramm) versinnbildlicht den Gegenstand, den es auch darstellt. Höhlenbilder in Spanien und Südfrankreich, die aus der Jüngeren Altsteinzeit stammen und etwa 20.000 Jahre alt sind.
Felsmalerei in Lascaux, 13.000 v. Chr.
- Ideographie (Ideenschrift): das Bild (Ideogramm) stellt jetzt nicht nur den Gegenstand dar, sondern bezeichnet eine zusätzlich damit verbundene Idee oder Aussage. Bebilderte Erzählungen der Indianer und Eskimos, aber auch in Afrika und Ozeanien.

Wortschrift
Schriften, bei denen jeweils ein Bildzeichen für ein ganz bestimmtes Wort steht. Aus ökonomischen Gründen vereinfachte, stilisierte sich die äußere Form der Bildzeichen immer mehr und machte eine Phonetisierung notwendig. Die Zeichen entfernten sich immer mehr vom ursprünglichen Lautkomplex und wurden auch für ähnliche klingende, homonyme Lautfolgen verwendet; die Wortbildschrift entwickelte sich zu einer Wortlautschrift.
Schriftgeschichte

- Ägyptische Hieroglyphen (2900 v. Chr.):  Der Name Hieroglyphen stammt von den Griechen (‛ιερός = heilig, γλύφειν = einmeißeln), die in den Bildzeichen die Weisheit der zauberkundigen ägyptischen Priester wähnten. Nach ägyptischem Mythos wurde die Erfindung der Schrift dem Gott Thot zugeschrieben, der als Gott der Schreibkunst, der Wissenschaft und des Mondes galt. Seine heiligen Tiere waren der Ibis und der Mantelpavian, seine Attribute die Schreibtafel und der Griffel.
 
Die um 2900 v. Chr. entstandenen ersten Hieroglyphen waren anfänglich eine reine Wortbildschrift, die vorrangig als Grabinschrift in Stein gemeißelt wurde. Ihre   variierende Schreibrichtung kann nur daran erkannt werden, dass alle Menschen- und Tierbildzeichen immer zum Zeilenanfang blicken. Die Schrift umfasst ca. 700 Zeichen, die sich in drei Arten unterscheiden:
         Wortzeichen: Darstellung des jeweiligen Dinges ohne Rücksicht auf die
                             Aussprache.
         Determinative: stumme Deutezeichen, die ohne ausgesprochen zu werden,
                             hinter gleich aussehende Bildzeichen gesetzt wurden, um
                             verschiedene Bedeutungen auszudrücken (
Hieroglyphe + 
                                    Determinative "Mann" = "Schreiber")
 
         Wortlautzeichen: phonetische ein-, zwei- oder dreisilbige Zeichen für ähnlich
                             klingende Ausdrücke mit aber völlig andersartigem sachlichen
                             Begriff  (vgl. im Deutsche: Segen - sägen)
Eine Ausnahme in der Schreibung bildeten die Königsnamen, die nicht mit Wortbildzeichen festgehalten werden konnten, sondern aus einzelnen Wortlautzeichen zusammengesetzt wurden. Um sie gegenüber den Ideogrammen sichtbar abzugrenzen, wurden diese Zeichen mit einer Linie in Kartuschenform umfasst. Diese stilisierte Linienform einer sich in in den Schwanz beißenden Schlange versinnbildlicht das "Nie-Enden", die Ewigkeit, und den Schutz gegen das Böse. Mit Hilfe des 1799 während des napoleonischen Feldzuges gefundenen Steines von Rosette aus dem Jahre 196 v. Chr., der ein Dekret König Ptolomäus in altägyptischer Hieroglyphen-, in neuägyptischer demotischer sowie griechischer Schrift beinhaltete, gelang es 1822 dem Franzosen Jean Francois Champollion die Hieroglyphen endlich zu entziffern, indem er die von Kartuschen umrandeten Hieroglyphen mit den griechischen Buchstaben verglich.

   trilinquider Stein von Rosette                                                                                                                  Ptolemaio

Im Laufe der Jahrtausende hat sich der Duktus der Zeichen von den in Stein gemeißelten, bildhaften Hieroglyphen über die auf Papyrus geschriebene hieratische (‛ιερός = heilig) Buchschrift der Priester bis hin zur stark abgekürzten, stenographieähnlichen Schrift des täglichen Lebens, der demotischen Schrift (θήμος = Volk) verändert.

                    Hieroglyphen                                                    Hieratisch                                                     Demotisch    
  
 
- Keilschrift: Wortbildschrift der Sumerer um ca. 3500 v. Chr. in Mesapotamien, dem Zwischenstromland zwischen Euphrat und Tigris. Die ursprünglich mit dem Meißel in Stein gehauenen Zeichen wurden mit dem semitischen Eindringen der aus der syrischen Wüste kommenden Akkader (Babylonier) um 2500 v. Chr. durch mit einem Griffel in Tontafeln gedrückte Keilschriftformen ersetzt. Die typischen Keilformen entstanden durch den schräg zur Schreibfläche gehaltenen Griffel. Nach dem Eindrücken der Zeichen in den weichen Ton wurden die Tontafeln gebrannt.
Rollsiegel

                                    Rollsiegel                                                          Tontäfelchen mit Griffeln


Die Schrift, die ursprünglich 300 Zeichen kannte, wurde von oben nach unten geschrieben und unterschied zwischen Wortzeichen, Determinativen und Lautzeichen.
Im Laufe der Jahrtausende veränderte die Schrift stark ihr Aussehen: beginnend von den sumerischen Ideogrammen über die akkadischen und babylonischen Zeichen bis hin zur assyrischen Keilschrift.
Akkadisch Assyrisch Babylonisch 
                   Sumerisch                                     Akkadisch                                               Assyrisch                                             Babylonisch

                                                    
- Chinesische Schrift: stammen. Die in der Shang-Dynastie um 2650 v. Chr. angeblich von Thsan-ke, dem Minister des gelben Kaisers, entwickelte Wortschrift wird in der nachfolgenden Zhou-Dynastie im Zeitraum 1500 bis 700 v. Chr. zur kulturellen Identität der chinesischen Nation aufgebaut. Sie vereint dann im ersten Kaiserreich "alles unter dem Himmel" unter einem Herrscher und wird auch heute noch, nur formal verändert, verwendet. Nach wie vor reiht die chinesische Sprache Wort an Wort und kennt keine Abwandlung, so dass lediglich die Satzstellung erkennen lässt, um welche Wortart es sich handelt. Ursprünglich wurde mit einem Holzstylus auf Bambusstäbchen oder Holztäfelchen geschrieben, später mit einer Rohrfeder auf Seide und schließlich seit dem 2. Jh. n. Chr. mit einem Haarpinsel auf Papier.
    
                   
Die anfänglich Anzahl von 540 Bildzeichen beträgt heute ca. 60000, wobei allerdings für das Alltagsleben ca. 2000 Zeichen ausreichend sind.
Für das veränderte Aussehen der chinesischen Schriftzeichen von den alten Bildzeichen bis zu den heutigen abstrakten Zeichen sind die verschiedenen Schreibgeräte und Beschreibstoffe, aber auch die Erfindung des Bücherdrucks mittels Holztafeln um 500 n. Chr. verantwortlich.
Orakelknochen

                                                         Orakelknochen, 2000 v. Chr.                                                       Alte Schrift Ku-wen                 Siegelschrift, 800 v. Chr.                  Grasschrift, 650 n. Chr.

- Silbenschrift: Einen weiteren Schritt in der Schrfitentwicklung stellt die Silbenschrift dar, bei welcher jedes Schriftzeichen für eine ganze Silbe steht.
- Indische Schrift (500 v. Chr. Brahmi): Bis ca. 500 v.Chr. wurde die bereits seit dem 3. Jahrtausend bestehende Induskultur nur mündlich überliefert. Die Erfindung der indischen Urschrift wird dem Gott Brahmi zugeschrieben. Diese linksläufige Schrift war um 250 v.Chr. bereits über ganz Indien verbreitet. Sie umfasste ca. 40 Silbenzeichen, wobei die Vokale am Wortbeginn durch ein eigenes Zeichen dargestellt werden, während sie im Wortinneren durch Hilfszeichen ober-, unterhalb oder neben dem Konsonantenzeichen angezeigt werden. Das in Pakistan gefundene Bakshali-Manuskript beweist, dass es damals bereits ein Null-Ziffernzeichen gibt. Infolge des leicht brechenden Beschreibmaterials (Birkenrinder oder Palmblätter) sind nur wenige Manuskripte erhalten. Eine Weiterentwicklung stellt die im 7. Jh. n.Chr. entstandene Nagari- oder Devanagarischrift dar, die fast ausschließlich zum Schreiben der hl. Schrift der Sanskriktbücher Verwendung fand.
denanagari Bakshali-Manuskript Singapur Indien

- Japanische Schrift (800 n. Chr. Katakana): Die Japaner besitzen eine typische Silbenschrift, die sich um 800 n.Chr. aus dem Chinesischen abgeleitet hat. Wie in China wird mit Pinsel und Tusche in von oben nach unten laufenden Zeilen geschrieben, die sich von rechts nach links aneinander reihen. Seit dem Schrifterlass von 1942 wird vielfach in horizontalen Querzeilen geschrieben. Man unterscheidet zwischen der älteren Hirakana und der vereinfachten Katakana. Beide Schriften besitzen heute je 48 Zeichen.
Japanisch Kalligraphie Japanisch

- Buchstabenschrift:
Die Buchstaben- oder Einzellautschrift stellt die höchste Stufe in der Entwicklung der Schrift dar. Jedes Schriftzeichen steht nur für einen einzigen Laut. Dadurch kommt es zu einer entscheidenden Reduzierung der Zeichenanzahl.

Schriftgeschichte

Schriftformen (Schriftarten, Fonts)                  

- Phönikische Konsonantenschrift (1700 v. Chr.): Die Phönizier, ein Handelsvolk an der syrischen Mittelmeerküste, waren die ersten, die eine Buchstabenschrift besaßen. Wie alle sermitischen Stämme kannten auch sie keine Vokale. Ihre Konsonantenschrift, die sich im 18. oder 17. Jahrhundert v.Chr. entwickelte, wurde von den damals in in Ägypten und Mesopotamien beeinflusst. Die phönikische Schrift war linksläufig und kannte 22 Buchstabenzeichen, für deren Bezeichnung man Wörter aus dem täglichen Leben entnahm, deren Anfangslaut gleichzeitig den Laut des betreffenden Buchstabens darstellte. Mit diesem akrophonischern Prinzip war das Alphabez (alph, bet = die ersten beiden Buchstaben) geschaffen, welches eine möglichst getreue Aufzeichnung aller Laute der jeweiligen Sprache ist. Die Buchstabenzeichen wurden zusätzlich auch als Zahlzeichen verwende. Als Worttrenner wurden Punkte, als Satztrenner kurze senkrechte Striche gesetzt.
Phönikisch Phönikisch

- Alt-Griechisch: (800 v. Chr. Griechisch): Die griechische Schrift stellt eine Weiterentwicklung der phönikischen dar. Sie wurde wahrscheinlich zwischen 1200 und 700 v.Chr. auf Handelswegen übertragen. Auch der griechische Geschichtsschreiber Herodot berichtet, dass ein Phöniker namens Kadmos den Griechen die Schrift vermittelt haben soll. Jedenfalls zeigt ein Vergleich beider Schriften ihre große Ähnlichkeit. So war auch die griechische Schrift anfänglich linksläufig und änderte erst allmählich ihre Schreibrichtung über bustrophädonal (furchenwendig = analog zum Pflügen) zur Rechtsläufigkeit. Auch die ursprüngliche Buchstabenanzahl war 22 und wurde erst im Rahmen einer Schriftreform 403 v.Chr. auf 25 Zeichen umgeändert. Auch die Reihenfolge entspricht ungefähr dem akrophonischen Prinzip der Phöniker. Lediglich aus den semitischen Anlautzeichen wurden eigene Lautzeichen für die Vokale der griechischen Sprache; damit entstand die erste vollständige Einzellautschrift, als Mutter aller europäischen Schriften. Ebenfalls wurden die Buchstabenzeichen als Zahlzeichen verwendet.
  
Mainz Delphi Schreiber Heliodorus Actoaris Alphabet

- Etruskisch (8. Jh. v. Chr. - 1. Jh. n. Chr): Die Etrusker, deren Heimat in Kleinasien (Lemnos) war, haben vor ihrer Einwanderung nach Mittelitalien um 800 v. Chr. ein auf dem West-Griechischen basierendes Alphabet (Protothyrrenisch) entwickelt, welches wiederum zur Grundlage für die altitalische Schrift der Römer wurde. Beide Schriften waren anfangs linksläufig, wurden um 600 v. Chr - dem Pflügen des Ackers entsprechend - furchenwendig (boustrophedonal) und wurden schließlich im 4. Jh. v. Chr. rechtsläufig geschrieben.

            Marsiliana Manios-Spange lapis niger
            Etruskisch
Schreibtafel von Marsiliana (700.v. Chr. linksläufiges Alphabet) / Manios-Fibel (675.v. MANIOS:MED:FHE:FHAKED:NVMASIOI) / Lapis Niger (600.v.Chr. boustrophenolaler Gesetzestext)

- Capitalis romana: 1. Jahrhundert n. Chr. (Römisch): Sie ist die klassische Inschriftenschrift des 1.Jh. n.Chr. und wurde mit dem Meißel in den Stein von Baudenkmälern geschlagen. Edel, wuchtig und unpersönlich sehen ihre Buchstaben in ausgelichener Reihung da und werden zur Grundform aller lateinischern Schriften.
Die davon abgeleitete Buchschrift, die Capitalis quadrata, erhielt ihren Namen wegen der quadratischen Form ihrer Buchstaben. Sie wurde mit Rohrfeder und Tinte auf Pergament gescvhrieben und zeigt einen straken Wechsel zwischen Haar- und Schattenstrichen.
Eriwan  Quadrata Quadrata

- Capitalis rustica: Schmallaufende Buchschrift des 2. - 5.Jh., deren Name, vom lat. rusticus kommend, bäuerlich, grob bedeutet, was aus ihrem Gegensatz zur ästhetisch durchgebildeten Inschriftenschrift zu begründen ist. Ihre flüssige, lockere Form mit schmalem Duktus weist auf eine stark schräge Federhaltung hin.
Ructica
Codex Palatinus

- Römische Kursive (1.-4. Jh.): Die ältere und jüngere römische Kursive waren Gebrauchsschriften für geschäftliche Schriftstücke des Alltags, die flüchtig mit einem Stilus auf Wachstafeln notiert oder für Urkunden mit einer Rohrfeder auf Papyrus geschrieben wurden. Wesentliche Elemente sind, hervorgerufen durch schnelles Schreiben, die deformierende Vereinfachung sowie verkürzende Verbindung von Einzelbuchstaben (Ligaturen), was sie schwer entzifferbar macht. Die "Ältere römische Kursive", eine Majuskel- oder Capitaliskursive, wurde vom 1. bis zum 3. nachchristlichen Jahrhundert genutzt. Sie ist als Versalschrift eine Kursivschriftvariante der antiken römischen Capitalis-Schrift. Typisch für sie ist das sogenannte „b à panse gauche“, das b mit dem Bauch nach links. Im alltäglichen Gebrauch veränderten sich die Buchstaben zu bogigen Formen mit langen Schleifen in der oberen und unteren Zone. Sie gilt als "Mutterschrift" für die Unziale. Gegen Ende des 3. Jh. erfolgte der Übergang zur "Jüngeren römischen Kursiven", die im südlichen Italien noch Jahrhunderte später verwendet wurde. Sie ist eine Drei-Zonen-Schrift, die bei den Buchstaben b,d,h,i,l Oberlängen, bei g, p, q Unterlängen aufweist. Ihrerseits bildet sie die Grundlage für die Halbunziale.
Ältere römische Kursive ompeji Wachstafel Flavia solva Jüngere römische Kursive

- Uncialis: 3.-5. Jh. (Frühchristentum): Diese Buchschrift des frühen Christentums wurde im 3. Jahrhundert aus der Capitalis quadrata entwickelt und erhielt ihren Namen nach dem altrömischen Maß der Unze (uncia = 1 Zoll = Buchstabenhöhe). Ihre Merkmale sind der starke Rundcharakter der Buchstaben und deren Tendenz zur Breite. Erstmalig wird die Minuskelform angedeutet, indem einzelne Buchstaben mit ihren Ober- und Unterlängen (D, F, H, L, P, Q) geringfügig in den Zeilenzwischenraum hineinragen. Aufgrund ihrer feierlichen und dekorativen Wirkung wurde sie zu einer geschätzten Handschrift der Spätantike und zur Leitschrift der Völkerwanderungszeit.
    

- Halbunzialis (6.-8. Jh.): Sie ist im 5. Jahrhundert eine Fortbildung aus der Uncialis. Mit ihrer Entwicklung vollzog sich eine entscheidende Wende zur europäischen Schriftentwicklung. Seit Bestehen der Schrift wurden nämlich bisher alle Buchstaben mit gleicher Höhe geschrieben, man kannte nur Majuskeln, Großbuchstaben. In der Halbunzialis wurde jetzt das Minuskelprinzip insoferne vorbereitet, als erstmals unterschiedlich hohe Buchstaben mit deutlichen Ober- und Unterlängen auftraten. Nach wie vor blieb aber die von der Uncialis übernommene Kreisform vorherrschend. Erstmals kommt es auch zu Wortzwischenräumen.
Halbunzialis Halbunzialis Admont

- Nationalschriften: Gruppe von Schriften, die sich in der Völkerwanderungszeit aus antiken Schriftarten je nach Örtlichkeit und Kultur regional herausgebildet haben. Endergebnis war eine starke Formenvielfalt:

            - Nordeuropa:

            - Runen (150 v. Chr. - 800 n. Chr - runa=Geheimnis): In engem Zusammenhang mit dem Etruskischem im norditalienischen Alpengebiet (Rätisch, Venetisch) steht die von den Kimbern in der Völkerwanderungszeit entwickelte alt- oder gemeingermanische Runenschrift.. Einem Mythos nach hat Göttervater Odin während einer Meditation erfahren, wie man sie ritzt und ihre magische Kraft anwendet. Ihr eckiges Aussehen lässt auf ihre vorrangige Verwendung für das germanische Losorakel schließen, wo die Zeichen zu kurz gereimten Zaubersprüche in Holzstäbchen geritzt wurden, die dann von den Druiden zur Weissagung aufgeworfen wurden. Das Wort "Buch-stabe" verweist zum Einen auf das verwendete Buchenholz sowie die hölzernen Stäbchen, die Stabreimform und den senkrechten, als Stab bezeichneten Strich der Runenzeichen, an den die unterschiedlichen Häkchen angefügt sind. Das Runen-Alphabet wird nach den ersten 6 Zeichen "Futhark" genannt, wobei jede Rune den Namen eines Gegenstandes aus dem täglichen Leben trägt, dessen Anfangsbuchstabe den entsprechenden Laufwert besitzt:
f = fehu (Vieh), u = ur (Auerochse), th = thurse (Riese), a = ansuz (Ase), r = raido (Ritt), k = kan (Kahn), l = laukaz (Lauch, Glied, Fruchtbarkeit), s = sigyl (Sonne)
            Odin Runen Runen Borup

            - Irisch-Angelsächsisch: Auf den Britischen Inseln entwickelten sich - angelehnt an die Halbunzialis - zwei ähnliche Schriften:

                       - Irische Rundschrift (insulare Halbunziale - "q-Keltisch" - Gälisch - 700-900): Im Zuge der Christianisierung übernahmen die keltischen Völker durch irische Mönche das lateinische Alphabet in der gerundeten Form der Majuskeln der Unziale. Das irische Alphabet besteht aus 18 großen, runden Buchstaben, erweitert durch die Runenzeichen "thorn", "wen" und "yogh".
                     Stafforsshire Durrow Echternach Lindisfarne kells
                                      Goldspange von Sutton Hoo / Vulgata von Durrow / Eternach-Evangeliar / Evangeliar von Lindisfarne / Book of Kells

                      - Anglosächsische Spitzschrift (insulare Minuskel - "p-Keltisch" - Walisisch, Brythonisch - 705-1100): Im 8. Jh. gestalteten irische Mönche für Alltagszwecke die Rundschrift zu einer eigenartigen kursiven Spitzschrift um, indem sie statt des Schreibrohres die Gänsefeder verwendeten. Charakteristisch für die leicht kursive Spitzschrift sind die spitz zulaufenden Schäfte und die vielen Unterlängen sowie die stets von links eingesetzten Hochstriche. Das "a" ist dreiecksförmig, das "f" hat einen Unterlänge und einen Mittelstrich auf der Grundlinie, "g" und "r" besitzen einen Schulterstrich und das "d" ist rund.
                       Spitzschrift Spitzschrift

            - Osteuropa:

            - Moesogotisch (375-552): Der aus Kappadokien stammende Bischof Wulfila (311-383) übermittelte im Rahmen seiner Missionstätigkeit den West- und Moesogoten (Thraker) den christlichen Arianismus. Dazu übersetzte er um 369 n. Chr. an seiner Wirkungsstätte in Nicopolis ad Istrum (Bulgarien) die Bibel in die gotische Sprache und entwickelte hiefür extra eine neue Schrift, die eine Abwandlung der griechischen Schrift mit lateinischen Buchstaben und gotischen Runen war. Diese sogenannte "Wulfila-Bibel" stellt den ältesten noch erhaltenen Text in gotischer Sprache und Schrift dar. Sie wurde mit Silber- und Goldtinte auf das mit der kaiserlichen Purpurfarbe gefärbte Pergament geschrieben. Die Übersetzung wurde von den West- und Ostgoten sowie den Vandalen benutzt und bildete auch die Grundlage für unser deutsches Vaterunser: "Atta unsar Þu in himinam".
             Wulfila-Bibel Codex Argenteus Codex Argenteus, 500 n. Chr.

             - Glagolica (863-1000): Die Apostelbrüder Kyrill und Method haben zum Zwecke der Mission in Pannonien mehrere Kirchenbücher aus dem Griechischen in die slavischen Sprache übersetzt. Dazu wurde 863 durch Konstantinos Kyrill von Saloniki, der die kulturelle Eigenständigkeit der Slawen betonen wollte, die glagolitische Schrift (glagol = Wort) erdacht. Auf Grundlage der griechischen Minuskel schuf er ein neues Alphabet, bei dessen Formgebung die christlichen Symbole (Kreuz, Kreis, Dreieck) eine wichtige Rolle spielten. Aus der runden Urform ("Bulgarische") entwickelte sich auch eine eckige Variante ("Illyrische"), die für die kroatische Nationalbewegung als Zeichen der Abgrenzung gegen den lateinischen Westen und den orthodoxen Osten zum nationalen Symbol wurde.
            Cyrill Method BaskaGlagolica
            Cyrill und Methodius / Codex Zographensis / Tafel.von.Baska / eckige kroatische Glagolica

           - Kyrillica (10. Jh.): Ab dem 10. Jahrhundert wurde in Bulgarien die Glagoliza von der kyrillischen Schrift mehr und mehr verdrängt, die sich größtenteils aus der griechischen Schrift und einigen glagolitischen Zeichen zusammensetzt. Unter Zar Peter I. dem Großen wurde sie um 1700 zur russischen Schrift vereinfacht und der lateinischen Schrift angepasst und somit als "Bürgerliche Schrift" zur alleinigen Schriftart der griechisch-orthdoxen Slawen.
         Kyrilliza-1
Kyrilliza Savvina Kniga

            - Westeuropa:

            - Visigotica (7.-11. Jh. - Toledana): Die Westgotischen Schrift in Spanien ist aus der römischen Kursive entstanden. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich 2 grafische Varianten: eine runde Buchschriftund eine kursive Gebrauchsschrift. Charakteristisch für sie sind die an den Oberlängen oft verdickten Buchstaben, das offene u-förmigen "a", das "e" mit einer vergrößerten Zunge, das q-förmigen "g", das kleine "r" mit einem geneigten Querbalken oder die Morphologie von z als "ç".
            Visigotica Visigotica

            - Merowingisch (625-10. Jh.): Die Merowingische Minuskel hat sich in direkter Nachfolge zur jüngeren römischen Kursive in der Benediktinerabtei Luxeuil entwickelt und war vom 7. bis zum 10. Jh. im Frankenreich in Gebrauch. Sie wurde in ihrer kursiven Form mit den stark verdickten, an Keulen erinnernden lange Oberlängen wurde für Diplome und Urkunden verwendet und ist wegen ihrer dicht gedrängten, teilweise verdrehten Buchstaben schwer zu entziffern. In gemildeter, breiter geschriebenen Ausformung wurde sie auch als Buchschrift genutzt, wobei das Aussehen aber von Kloster zu Kloster stark variierte (Luxeuil, Corbie, Cluny, Laon).
            merowingisch Merowingisch

            - Südeuropa:

            - Beneventana (8.-13. Jh.): Die bendiktinischen Schreiberschulen der Klöster Montecassino und Benevento entwickelten diese süditalienische Sonderform der jüngeren römischen Kursiven. Charakteristisch ist ihre gitterförmige Wirkung durch die gleichmäßigen eckigen Buchstaben mit gebrochenen Schäften sowie die Verwendung vieler Ligaturen, welche die Buchstaben eines Wortes bis zur Unkenntlichkeit miteinander verbinden. Kennzeichen sind das cc-förmige "Beneventana-a", der lange Mittelstrich und die Oberlänge des "e" oder das dreierförmige "g".
            Beneventana Montecassino Montecassino

            - Kuriale (788-1231): Die erste Überlieferung der sich aus der jüngeren römischen Kursive entwickelten Kurialschrift wird auf 788 datiert. Diese "Ältere Kuriale", die vorwiegend in der päpstlichen Kanzlei in Gebrauch war, zeichnet sich durch ihre aufrechten und breiten Buchstaben aus. Am Charakteristischsten ist das Hervorheben der Eigennamen durch Majuskeln sowie das auffallend hohe "Q" oder die runde Formgebung des "t". In der zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts wurde die ältere Variante von der zierlicheren jüngeren Kuriale abgelöst, die bei den süditalienischen Notaren in Mode kam. Wegen ihrer Unleserlichkeit wurde sie schließlich 1231 von Friedrich II. verboten.
            Kuriale Kuriale Kuriale

            - Langobardisch (8-15.Jh): Diese langobardische Buchschrift des Mittelalters, auch als Longobarda, ">La tourneure oder Versalle bezeichnet, war vor allem in Italien um das Zentrum des Klosters von Bobbio verbreitet. Die älteren Formen haben sich aus der Uncialis sowie der süditalienischen Halbkursiven von Montecassino entwickelt. Kennzeichnend sind die gleichmäßigen, aber eckige Buchstaben, bei denen die Schäfte stark gebrochen sind. Wegen der im Laufe der Zeit immer stärkeren Übertreibung der eckigen Form, die zu einer zunehmenden Unlesbarkeit führte, ließ Friedrich II. ihre Verwendung mit dem Edikt von 1220 und 1231 verbieten. Trotzdem erlebte im 15. Jahrhundert die Verbreitung der Schrift in Frankreich einen neuerlichen Höhepunkt.
           Langobardisch Langobardisch

.- Karolingische Minuskel (800 - Romanik): Die im 9. Jahrhundert aufgrund einer Schriftreform Kaiser Karls des Großen in den Schreibstuben in Tours von Abt Alkuin entworfene karolingische Minuskelschrift verdrängte bald alle Nationalschriften und wurde zur ersten einheitlichen europäischern Schrift. Sie bringt damit die Entwicklungslinie der lateinischen Schrift zu einem ersten Abschluss und wurde zum Vorbild und Urtyp aller Kleinbuchstabenschriften. Ihre erstmalig ausschließlich verwendeten Minuskeln sind, ähnlich den durch Rundbogen gekoppelten Fenstern der Romanik, in Schreibrichtung gebunden, d.h. die Buchstaben werden an den nächstfolgenden angeschlossen. Für die selten vorkommenden großen Anfangsbuchstaben wurden die Majuskeln der römischen Kapitalschrift oder der Uncialis verwendet.
Karolingisch Alkuin Dagulf Psalter Lorsch

Ab dem Jahre 1000 entwickeln sich zwei bis zur Jetztzeit parallel nebeneinander verlaufende Hauptgruppen: die gebrochenen Schriften des nördlichen Europas und die runden Schriften der südlichen Länder. Schriftgeschichte2

- Textura (1200 - Gotik): Die Kunst des Bücherschreibens erlangte in dieser Zeit seine höchste Blüte. In Scriptorien (Schreibschulen oder Schreibstuben) von Klöstern oder später auch in kommerziellen Schreiberwerkstätten in der Nähe von Universitäten wurde die Kunst des Schreibens oft schon im Knabenalter unter Zuhilfenahme von Schriftmusterbüchern erlernt (scholasticus). Die Buchschreiber waren vor allem Geistliche (clericus), aber auch weltliche Lohnschreiber; sie standen in hohem Ansehen. In den späteren Jahren kannte man dann auch schon die Arbeitsteilung: da gab es den Scriptor oder Bibliographos, also den eigentlichen Text- oder Bücherschreiber, den Rubrikator, den Schreiber der roten Titelzeilen (rubrica = rote Tinte), den Illuminator, der die Ausschmückung der Bücher durch Initialen und Randleisten vornahm sowie den Miniator, der für die figürliche und ornamentale Ausstattung der Handschrift sorgte. Die Schreibräume hatten abgeteilte Verschläge, in denen die Schreibpulte standen. Während des Schreibens mußten strenge Regeln beachtet werden: wegen der Feuergefahr durfte kein offenes Licht Verwendung finden, zur völligen Konzentration herrschte absolutes Redeverbot. Das Beschreibmaterial war Pergament, auf dem mit Punkteisen die Löcher für die nachfolgende Linierung vorgestochen und mit Hilfe von Zirkel und Lineal, später auch mit Silberstift oder Tinte, die Zeilenlinien, die Randlinien, die Kopflinien und die Satrzspiegellinien eingeritzt wurden. Als Schreibgerät dienten mit einem Messer zugespitzte Rohrfedern oder Gänsekiele. Schreibmittel war eine aus Galläpfel und Kupfervitriol hergestellte schwarzbraune Tinte (tinctura); für Rot wurde echter Purpursaft verwendet). Geschrieben wurde stehend, wobei die Hand nur mit dem kleinen Finger aufgestützt wurde. Als Schrift wurde zu dieser Zeit vorrangig die aufgrund ihrer gewebeartigen Struktur genannte Textura geschrieben. Diese ornamentale, schwer leserliche Gitterschrift stellt mit ihrem schmalen Duktus der Buchstaben, ihrer doppelten Brechung der Rundform und mit ihren würfelartigen Rautenabschlüssen die klassische Ausprägung der gotischen Schrift dar und entspricht mit ihrem feierlich, strengen, sakralen Charakter dem Stilideal der Gotik. Die besondere Schwierigkeit einer rhythmischen Gesamtwirkung erreichten die geübten Schreiber, die über ein außerordentlich feines Raumempfinden verfügten, dadurch, dass sie zwischen den senkrechten Buchstabenbalken optisch gleiche Räume schafften. Hiebei behalfen sie sich durch Näher- bzw.Auseinanderrücken oder auch Verbinden der einzelenen Buchstaben zu Ligaturen (zB.: ae, ft, ff, fl, st, si, tz, ch, ck, sch). Gleichzeitig sollte jede geschriebene Zeile aber auch eine rhetorische Einheit darstellen, was unter Zuhilfenahme einer Vielzahl an Abkürzungen erreicht wurde: so wurde oft nur der erste Buchstabe eines Wortes oder einer Silbe geschrieben (Suspension: p = puer, mn = minus, pr = parentes, qb = quibus) oder der erste und letzte Buchstabe eines Wortes (Kontraktionen: ds = deus, dno = domino, IHS = Jesus, no = nostro), oft nur der Anfangsbuchstabe für häufig gebrauchte Personennamen (Siglen: IO = ioannes) oder Endungen durch überschriebene Buchstaben ausgedrückt (m/i = mihi, tt = testamentum). Bevorzugtes Format war Folio, zweiseitige Bogen, die zwecks leichterer Heftung zu Lagen gefalzt und ineinandergesteckt wurden. Zuerst wurden nur diese Lagen mit sogenannten Custoden (q,q',q‘‘) am Beginn jeder Lage gezählt, später schrieb man das erste Wort der Folgeseite unter dem Text (Reclamanten) oder paginierte die Blätter durchlaufend. Als Einband benutzte man Holzdeckel, die sogenannte Codexform, aber auch Leder-, Metall- oder Elfernbeindeckel mit kunstvollen Blindprägungen, Lederschnitten, Metallbeschlägen und Schließen.

Illuminatoren Rohrfeder Buchschreiber

In Italien wird die Brechung der gotischen Schrift nie mit letzter Konsequenz durchgeführt. Allerorts noch vorhandene römische Inschriften und Manuskripte werden für die weitere runde Schriftentwicklung in der Renaissance zu einem bedeutenden Faktor:

- Humanistische oder italienische Minuskel (Ende 15. Jh.): Sie ist die geschriebene Buchschrift der beginnenden italienischen Renaissance und kann als echte Nachfolgeschrift der karolingischen Minuskel angesehen werden, welche sie mitpeinlicher Genauigkeit nachahmt. Selbst das lange "s" am Schluss eines Wortes wird kopiert und verschwindet erst im 19. Jahrhundert. Ihre Formen sind licht, leicht und weit, schroffe Gegensätze zwischen Haar- und Schattenstrichen werden vermieden.
Humanistische Minuskel Renaissance Antiqua

- Humanistische Kursive oder Cancellaresca: Ihre Quelle ist die humanistische Minuskel, die zum schnelleren Schreiben nach rechts gelegt wird (lat currere = laufen, eilen). Mit ihrem eleganten, graziösen, vielleicht etwas eitlen Aussehen ist sie die unbestrittene Domäne der Kalligraphen (Schönschreiber). Im weiterer Folge findet sich zu jeder runden Schrift die entsprechende Kursive.
Cancellaresca Kursive

- Venezianische Renaissance-Antiqua (1470): Sie ist die Urform der Antiqua-Druckschriften und wird um 1470 in Venedig geschaffen. Ihr besonderes Merkmal ist der aufwärts laufende Querstrich im kleinen "e". Der Name "Antiqua" (Alte Schrift) etnsteht durch einen Irrtum der damaligen Humanisten, welche die zur Zeit Karls des Großen entstandenen Abschriften römischer und griechischer Manuskripte als Originale betrachten und somit die karolingische Minuskel für die Schrift der Römer halten und als "lettera antica" bezeichnen. Die Kleinbuchstaben entstehen also als Kopie der karolingischen Minuskel, die Versalien als Kopie dert römischen Kapitalschrift.
Venezianische Antiqua Jenson

- Französische Antiqua oder Mediäval (Ältere Antiqua): Kennzeichen der Älteren Antiqua, die fälschlicher Weise als Mediäval (mittelalterlich) bezeichnet wird, obwohl sie ebenfalls die geschriebene Humanistische Kursive nachahmt, sind die schrägen, der Federschrift entsprechenden oberen Ansätze, die verschobenen Schattenstriche in den Bogenformen sowie die in leichtem Schwung angesetzten Schraffen (Serifen). Der Querstrich des kleinen "e" liegt allerdings ausschließlich gerade. Eine der reinsten Formen der Älteren Antiqua ist die des französischen Schriftschneiders Claude Garamond. Mit ihrem weichen, vornehmen Charakter eignet sie sich vor allem für belletristische und schöngeistige Werke.
Garamond
 

Schwabacher (1472): Die um 1480 in Deutschland unter dem Einfluss der spätgotischen Verkehrsschriften entstehende Schwabacher setzt die Reihe der gebrochenen Schriften des nördlichen Raumes fort. Mit ihren breiten, offenen Formen wird sie im deutschsprachigen Raum zu einer viel verwendeten Schrift. Mit ihrem derben, bäuerlichen, heiteren Ausdruck eignet sie sich für fast alle Aufgaben des täglichen Lebens. Charakteristisch sind die beidertseitig runden, nur mehr oben und unten spitz gebrochenen Kleinbuchstaben, das rechts oben gekreuzte kleine "g" und die besondere Form des großen "H".
Schwabacher Schwabacher
 
Fraktur (Barock, 1517): Die Frakturschrift wird Anfang des 16. Jahrhunderts in den kaiserlichen Reichskanzleien von Friedrich III. und Maximilian I. aus der Verbindung von Textura und Schwabacher entwickelt. Ihren Namen bezieht sie aus der in der Fachsprache der Buchdrucker üblichen lateinischen Bezeichnung für gebrochen (fractus). Die Kleinbucstaben sind zum Unterschied von der Schwabacher nur auf einer Seite rund, auf der anderen Seite gebrochen; sie rücken wieder etwas enger zusammen. Die Oberlängen haben eine Kelchform. sind also geschnäbelt. Während also die elegant und leicht bewegten Kleinbuchstaben noch das Formgefühl ihrer Entstehungszeit, der Renaissance, vermitteln, werden die Versalien mit ihren schwungvollen, stark verzierten Formen zum Symbol des Barocks. Sie sind mit einer Fülle von Schnörkeln verserhen und zeigen als Hauptmerkmal einen sogenannten "Elefantenrüssel" als Aufschwung. Die Fraktur wird in der Barockzeit zur typischen deutschen Nationalschrift und, da sie ohne ihr Majuskeln nicht denkbar wäre, somit zum Ausgangspunkt für die grammatische Großschreibung aller Hauptwörter.
Fraktur Fraktur

Kanzlei: Sie ist das Zwischenglied von Fraktur und Kanleikurrent. Unterschiedlich besitzt sie statt der geschnäbelten, kugelförmig auslaufende Oberlängen der Minuskeln; ihre Versalien haben rundere und gelöstere Formen. Ihre Verwendung findet sie hauptsächlich in den Kanzleien der damaligen Zeit für Urkunden und Diplome.
Kanzlei Kanzlei Salisbury Schreibhaltung

Klassizistische Antiqua (1790): Die um 1790 geschaffene Schrift weist mit ihren gestochen scharfen, gezeichneten Formen auf den Zusammenhang mit der Kupferstecherschrift hin. Nach den Gesetzen des Tragens und Lastens stehen die kräftigen, senkrechten Stämme in scharfem Kontrast zu den waagrechten Haarstrichen. Die Serifen sind im rechten Winkel ohne Übergang angesetzt, der Duktus in den Rundungen ist genau senkrecht, wobei die Innenseiten dieser Kurven eine Gerade bilden. In ihrem exakt gezeichneten Schriftbild vermittelt sie einen ernsten, seriösen Ausdruck und wird in erster Linie für wissenschaftliche Zwecke verwendet.
ParisBodoniBodoni

Egyptienne (1815): Der Name dieser erstmals 1815 in England erschienenen Schrift steht im Zusammenhang mit der damals durch den Napoleonischen Ägyptenfeldzug hervorgerufenen Ägyptenmode in Europa. Die Schrift ist aus lauter Elementen gleicher Strichstärke aufgebaut; so besitzen auch die Serifensind die gleiche Breite wie die Grundstriche. Der Charakter ist breit, schwer undf wuchtig.
Egyptienne Egyptiene
 
Italienne (1821): Diese ebenfalls im 1. Viertel des 19. Jahrhunderts als Abart der Egyptienne entstandene Schrift kehrt das übliche Proportionsgesetz ins Gegenteil um. Die Serifen und Querverbindungen sind hier stärker als die Grundstriche. Die Schwere und Lautstärke dieser Schrift spiegelt das aufkommende kommerzielle Denken dieser Zeit wider. Die Schrift ist in den Dienst des merkantilen Wettbewerbs getreten und findet ihre Verwendung in Werbedrucksorten.
Italienne

Grotesk (Blockschrift, 1832): Die reine Konstruktionsgesinnung findet in der Grotesk ihren Niederschlag. Sie wird zur Leitschrift der technisch orientierten Welt des 20. Jahrhunderts (Bauhaus). Der für sie passende Name Grotesk entsteht bei ihrem erstmaligen Auftreten 1832 durch ihre grotesk anmutenden kahlen Formen. Mit ihren Merkmalen der völlig gleich breiten Strichstärke und dem Verzicht auf alle Serifen stellt sie das Ende der Entwicklung der runden Schriften dar und erinnert gleichzeitig damit an die am Anfang stehenden, nur aus den Grundelementen aufgebauten griechischen Buchstabenformen.
Grotesk

Zinken: Seit dem späten Mittelalter verwendet das "fahrende Volk" (Bettlern, Vaganten, Vertreter unehrlicher Berufe) eine eigene Sprache (Rotwelsch) sowie eigene grafische Zeichen (Zinken) zur geheimen Verständigung und Abgrenzung von der bürgerlichen Gesellschaft. Der Ausdruck Zinken wird vom lateinischen signum (das Zeichen) abgeleitet und erscheint erst im 18. Jahrhundert, und zwar in Zusammensetzungen wie Zinkenplatz (wo sich Diebe treffen) bzw. Zinken stechen (Zeichen geben. Mit ihrer Hilfe informieren sich Banden darüber, wo und wann ein bestimmtes Haus überfallen, ausgeraubt und eventuell in Brand gesteckt werden soll. Die Zinken werden mit Kreide, Kohle oder Rötel auf den jeweiligen Untergrund gezeichnet oder eingeritzt und informieren Nachreisende über günstige Gelegenheiten für kriminelle Aktivitäten.

Deutsche Schreibschrift (Kurrent, 1915): Die Kurrentschrift stellt den Schlusspunkt der permanenten Weiterentwicklung aus der Deutschen Kanzleikurrent dar und wird nicht nur als Umgangsschrift des täglichen Lebens, sondern auch als Schulschrift verwendet. Sie zeigt die für Schreibschriften typische Rechtsneigung sowie Verbindung der Buchstaben. Die Anstriche sind feine Haarstriche, alle Abstriche werden zu Schattenstrichen. Der Fraktur ähnlich zeigen die Versalien eher runde, die Gemeinen hingegen gebrochene, eckige Formen.
Kurrent Kurrent Kurrent

Lateinische Schreibschrift (1941): Ihr Vorbild ist in den kalligraphischen Kupferstecherschriften des 17. und 18. Jahrhunderts zu suchen, welche im Zusammenhang mit der Erfindung der Stahlstichfeder und der Lithgraphie im 19. Jahrhundert zur Entwicklung der sogenannten Englischen Schreibschriften führen. Damit schließt sich die Reihe jener Schreibschriften, die in der Humanistischen Kursive ihren Ausgang nehmen. Auch sie weist eine Schräglage und Verbindung der einzelnen Buchstaben auf. In der Zeit des Zweiten Weltkrieges löstsie die Kurrentschrift als Schulschrift ab udn bleibt dieser bis in die Jetztzeit.
Lat. SchreibschriftLat. Schreibschrift Übungs-Schreibbuch

Schrifterlass vom 3. Jänner 1940 durch Martin Bormann: Die pseudogotische „Tannenberg“ aus Schwabacher Judenlettern wird verboten und durch die „Weltschrift“ der Antiqua ersetzt. "Am heutigen Tage hat der Führer in einer Besprechung mit Herrn Reichsleiter Amann und Herrn Buchdruckereibesitzer Adolf Müller entschieden, dass die Antiqu-Schrift künftig als Normal-Schrift zu bezeichnen ist."
Tannenberg Tag der Wehrmacht Bormann


DIN-Klassifizierung (DIN 16518)

DIN-Klassifikation


Schriftcharakter - Schriftmischen

Schriftcharakter     Schriftmischen
 

Comrie, Bernhard: Bildatlas der Sprachen, Augsburg, Weltbild 1998
Elis, Karlpeter:
Schrift, Bd.2, Graz, Leykam 1983
Elis, Karlpeter: Zeichnung, Bd.1, Graz, Leykam 1983
Faulmann, Carl: Schriftzeichen und Alphabete, Augsburg, Augustus 1995
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Ifrah, Georges: Universalgeschichte der Zahlen. Frankfurt New York: Campus,1989
Jean, Georges:
Die Sprache der Zeichen, Ravensburg: Ravensburger, 1994
Jung, C.G.: Der Mensch und seine Symbole. Olten und Freiburg: Walter, 1984
Noble, Mary & Mehigan, Janet: Perfekt kalligraphieren lernen. Augsburg: Weltbild, 2001
Schwarz-Winklhofer, I., Biedermann, H.: Das Buch der Zeichen und Symbole. Graz: Sammler, 1972